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Glossar

RCP - Methode zur Ermittlung des AGW (Arbeitsplatzgrenzwertes) von Kohlenwasserstoffgemischen

Im November 2017 wurde ein verändertes Konzept für den Arbeitsplatzgrenzwert bei Kohlenwasserstoffgemischen veröffentlicht. Es ist anzuwenden auf  Kohlenwasserstoffgemische mit C-Zahlen bis C14, die einen Siedebereich bis ca. 250 °C aufweisen, einen Benzolgehalt < 0,1 Gew.-% haben und keine kohlenwasserstofffremden Additive enthalten, als solche oder als Bestandteile in Gemischen. Kohlenwasserstoffgemische bestehen aus Kohlenwasserstoffen in variabler Zusammensetzung. Der Unterschied zwischen den verschiedenen Gemischen beruht hauptsächlich auf ihren unterschiedlichen Kohlenwasserstoffarten (z. B. lineare, verzweigte oder cyclische Alkane und Aromaten) und ihrer Kohlenwasserstoffkettenverteilung. Der für ein bestimmtes Kohlenwasserstoffgemisch anzuwendende AGW (Gemischgrenzwert) ist anhand der Zusammensetzung des Kohlenwasserstoffgemisches mittels der untenstehenden RCP-Formel (RCP = reciprocal calculation-based procedure) zu berechnen. Dies gilt sowohl für Kohlenwasserstoffgemische als UVCB-Stoffe im Sinne der REACH-VO (UVCB-Stoffe sind Stoffe mit unbekannter oder variabler Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien) als auch für sonstige Kohlenwasserstoffgemische.
Die Arbeitsplatzgrenzwerte sind nicht anzuwenden auf Gemische mit einem Benzolgehalt größer gleich 0,1 Gew.-% sowie Gemische aus Terpenkohlenwasserstoffen, vegetabilen Lösemitteln (z. B. Rapsölprodukte) sowie auf andere komplexe kohlenwasserstoffhaltige Gemische, wie Kühlschmierstoffe, Kraftstoffe, Schmieröle oder Korrosionsschutzflüssigkeiten, da die Gemische in der Regel olefinische Kohlenwasserstoffe, kohlenwasserstofffremde Additive (mit einem Additivgehalt von mehr als 1 Gew.-%) oder langkettige Kohlenwasserstoffe (C > 14) enthalten. Eine Zusammenstellung dieser kohlenwasserstoffhaltigen Produkte enthält das Begründungspapier zur TRGS 900 in Tabelle 1 Kohlenwasserstoffgemische: Arbeitsplatzgrenzwerte für Kohlenwasserstoffgemische zur Verwendung als Lösemittel (Lösemittelkohlenwasserstoffe), additiv-frei (Reciprocal Calculation-based Procedure - RCP). Nähere Informationen hierzu siehe auch https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRGS/pdf/900/900-kohlenwasserstoffgemische.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Der AGW eines Kohlenwasserstoffgemisches (AGWGemisch) ist anhand seiner Zusammensetzung unter Berücksichtigung der Massenanteile der einzelnen RCP-Gruppen (C6-C8-, C9-C14-Aliphaten, C9-C14-Aromaten) sowie dem Massenanteil bestimmter Einzelkohlenwasserstoffe im Kohlenwasserstoffgemisch gemäß folgender Formel zu berechnen und für die Beurteilung heranzuziehen:


Formel zur RCP-Methode
Erläuterung:
Fraktion:  Massenanteil (w/w) der jeweiligen Fraktion (RCP-Gruppe) des Kohlenwasserstoffs oder eines Kohlenwasserstoffgemisches mit bekanntem RCP-Grenzwert oder eines Einzel-Kohlenwasserstoffs (nur für n-Hexan, alle Diethylbenzolisomeren und Decahydronaphthalin) im flüssigen Lösemittel.
AGWa...n:  Gruppengrenzwert der jeweiligen Fraktion oder stoffspezifischer Arbeitsplatzgrenzwert
RCP = reciprocal calculation-based procedure

Die Gruppengrenzwerte für die drei Fraktionen sind wie folgt festgelegt:

C6 - C8   Aliphaten:       700 mg/m³
C9 - C14 Aliphaten:       300 mg/m³
C9 - C14 Aromaten:       50 mg/m³

Kohlenwasserstoffe mit stoffspezifischem AGW, die einer der RCP-Gruppen zuzuordnen sind wie beispielsweise der C9-Aromat 1,3,5-Trimethylbenzol (Mesitylen), werden bei der Berechnung des Arbeitsplatzgrenzwertes mit den entsprechenden Gruppengrenzwerten und nicht mit den stoffspezifischen Arbeitsplatzgrenzwerten berücksichtigt. Dies gilt auch, wenn die Stoffe als Einzelkomponenten zugesetzt werden.

Die errechneten Arbeitsplatzgrenzwerte sind dann wie folgt auf- oder abzurunden:
                   < 25 mg/m³:                          auf volle  10,
                   25 < AGW < 100 mg/m³:     auf volle  25,
                   > 100 mg/m³:                        auf volle  50.

Auf Basis des gerundeten RCP-Grenzwertes ist der Stoffindex nach TRGS 402 für das Kohlenwasserstoffgemisch zu berechnen. Dieser Stoffindex fließt in die Berechnung des Bewertungsindexes nach TRGS 402 ein, wenn weitere Stoffe im Arbeitsbereich zur Exposition beitragen.
Die Stoffe n-Hexan, Diethylbenzol (alle Isomeren) und Decahydronaphthalin (Decalin), für die stoffspezifische Arbeitsplatzgrenzwerte vorliegen, fallen nicht unter die Gruppengrenzwerte. Sie sind in die RCP-Formel mit ihrem Massenanteil und dem stoffspezifischen Arbeitsplatzgrenzwert einzubeziehen. Der so berechnete Gemischgrenzwert für das Kohlenwasserstoffgemisch ist für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung anzugeben. Sofern ein Kohlenwasserstoffgemisch alle drei Diethylbenzolisomeren enthält oder diesem ein Diethylbenzolisomerengemisch zugesetzt wird, ist der AGW von 11 mg/m³ für die Berechnung heranzuziehen.

Die nicht in die RCP-Gruppen fallenden Kohlenwasserstoffe Pentan (alle Isomere), Benzol, Toluol, Xylol (alle Isomere), Ethylbenzol und Naphthalin sind bei der Berechnung des Arbeitsplatzgrenzwertes mit der RCP-Methode nicht zu berücksichtigen. Pentan (alle Isomere), Toluol, Xylol, Ethylbenzol und Naphthalin sind entsprechend TRGS 402 mit ihrem Arbeitsplatzgrenzwert zu beurteilen und fließen in die Berechnung des Bewertungsindexes nach TRGS 402 ein. Benzol ist mit der Akzeptanz- und Toleranzkonzentration nach TRGS 910 zu beurteilen.
Sofern Lösemittelgemische unter Verwendung von Einzel-Kohlenwasserstoffen hergestellt werden und keine Kohlenwasserstoffgemische enthalten (wie z. B. ein Gemisch aus Propan-2-ol, Methylcyclohexan, Cyclohexan, n-Heptan), findet die RCP-Methode keine Anwendung. Die Stoffe sind entsprechend TRGS 402 mit ihrem AGW zu beurteilen und fließen in die Berechnung des Bewertungsindexes nach TRGS 402 ein.

Bei der Herstellung von Mischungen aus zwei oder mehr Kohlenwasserstoffgemischen muss für die Beurteilung der Kohlenwasserstoffgemische ein neuer Arbeitsplatzgrenzwert gemäß RCP-Formel berechnet werden. Hierbei sind zur Berechnung neben dem entsprechenden Massenanteil die entsprechenden nach der RCP-Formel berechneten Arbeitsplatzgrenzwerte der einzelnen Kohlenwasserstoffgemische heranzuziehen, die z. B. aus dem Sicherheitsdatenblatt entnommen werden können. Alternativ kann die Kohlenwasserstoffzusammensetzung des neuen Gemisches analytisch bestimmt werden und der neue Arbeitsplatzgrenzwert analog berechnet werden. In Gemischen, in denen zwei oder mehr Kohlenwasserstoffgemische neben anderen Lösemitteln enthalten sein können (z. B. in Lacken), muss für die Beurteilung des Kohlenwasserstoffanteils ebenfalls ein neuer AGW berechnet werden. Der Massenanteil der einzelnen Kohlenwasserstoffgemische ist nur auf den RCP-Kohlenwasserstoffanteil in der Gesamtmischung zu beziehen.

Beispiel:
Ein Gemisch besteht aus 10 Gew.-% Kohlenwasserstoffgemisch KWGemisch1 (AGWKW1 = 600 mg/m³), 30 Gew.-% KWGemisch2 (AGWKW2 = 50 mg/m³) sowie 20 Gew.-% Ethylbenzol und 40 Gew.-% Ethylacetat.
Im ersten Schritt wird geprüft, welche der Stoffe unter die RCP-Bewertung fallen. In diesem Fall nur KWGemisch1 und KWGemisch2, da Ethylbenzol ein Kohlenwasserstoff ist, der als C7-Aromat nicht unter die RCP-Bewertung fällt und Ethylacetat kein Kohlenwasserstoff ist und damit ebenfalls nicht unter die RCP-Bewertung fällt.
Der RCP-Kohlenwasserstoffanteil im Gemisch beträgt damit 40 Gew.-%, davon entfallen 25 Gew.-% auf KW1 (= Fraktion 1) und 75 Gew.-% KW2 (= Fraktion 2). Der Grenzwert für die Kohlenwasserstoffgemische errechnet sich gemäß obiger Formel wie folgt: 1/AGWGemisch = 0,25/600 + 0,75/50 = 0,0004 + 0,015. Der berechnete AGWGemisch beträgt 65 mg/m³ und mit Anwendung der Rundungsregel 75 mg/m³. 


Der Lieferant hat den Arbeitsplatzgrenzwert für das Kohlenwasserstoffgemisch oder den Massenanteil der einzelnen RCP-Gruppen im Sicherheitsdatenblatt anzugeben. Der Arbeitsplatzgrenzwert für das Kohlenwasserstoffgemisch (Summe aller Bestandteile nach Abschnitt 3 Zusammensetzung/Angaben zu den Bestandteilen des Sicherheitsdatenblattes) ist mit einem Hinweis auf die Berechnung nach TRGS 900 Nr. 2.9 anzugeben.

Ist die Zusammensetzung eines Kohlenwasserstoffgemisches nicht bekannt und im Sicherheitsdatenblatt kein Arbeitsplatzgrenzwert für das Kohlenwasserstoffgemisch angegeben, ist der Arbeitsplatzgrenzwert für Diethylbenzol (Isomerengemisch) für die Beurteilung heranzuziehen. Sind in Einzelfällen mehr Informationen vorhanden, können diese Informationen für die Berechnung der Arbeitsplatzgrenzwerte herangezogen werden, bei der Berechnung ist jedoch immer die strengste Bewertung vorzunehmen. Beispielsweise ist für ein ?Testbenzin aromatenfrei" der niedrigste Gruppengrenzwert für Aliphaten heranzuziehen (für C9 - C14 Aliphaten: 300 mg/m³).

Besteht innerhalb einer Schicht zeitlich nacheinander oder gleichzeitig durch mehrere Emissionsquellen eine Exposition gegenüber mehreren Kohlenwasserstoff-Gemischen, so ist zur Beurteilung der niedrigste Arbeitsplatzgrenzwert heranzuziehen, sofern eine messtechnische Differenzierung nicht vorgenommen wird oder werden kann.

Besteht innerhalb einer Schicht zeitlich nacheinander oder gleichzeitig durch mehrere Emissionsquellen eine Exposition gegenüber mehreren Kohlenwasserstoff-Gemischen, so ist zur Beurteilung der niedrigste Arbeitsplatzgrenzwert heranzuziehen, sofern eine messtechnische Differenzierung nicht vorgenommen wird oder werden kann.

Besteht neben der Exposition gegenüber einem oder mehreren Kohlenwasserstoffgemischen auch eine gleichzeitige Exposition gegenüber kohlenwasserstofffremden Lösemitteln mit Arbeitsplatzgrenzwerten, wie z. B. Alkoholen, Ketonen, Estern usw., so ist das Messergebnis für das Kohlenwasserstoffgemisch zusammen mit den Messergebnissen für die anderen Stoffe in die Berechnung des Bewertungsindexes nach TRGS 402 für das Gemisch mit einzubeziehen.

Für die Messung an Arbeitsplätzen bei Tätigkeiten mit Kohlenwasserstoffgemischen steht ein Messverfahren des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - IFA, Sankt Augustin, in der IFA-Arbeitsmappe Messung von Gefahrstoffen (Kennzahl 7735, Hrsg: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Berlin. Berlin: Erich Schmidt - Losebl.) zur Verfügung.

Für die Berechnung des Arbeitsplatzgrenzwertes kann der RCP-Rechner des IFA (Institut für Arbeitsschutz der DGUV) unter http://www.dguv.de/ifa/rcp-rechner/ genutzt werden. Auf dieser Internetseite befindet sich auch ein Link zu Anwendungsbeispielen.

 




 

Aktuelles

GDA Gefahrstoff-Check online

Mit dem GDA Gefahrstoff-Check können die Gefährdungen für die Beschäftigten durch krebserzeugende Gefahrstoffe am Arbeitsplatz vorausschauend und effektiv erkannt und Schutzmaßnahmen getroffen werden. Er unterstützt insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen beim Einstieg in die Gefährdungsbeurteilung.

Lagerung von Gefahrstoffen - DGUV I 213-084 und DGUV I 213-085 an TRGS 510 angepasst

Nach der Veröffentlichung der TRGS 510 (Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern) sind die Merkblätter M062 Lagerung von Gefahrstoffen (DGUV I 213-084) und M063 Lagerung von Gefahrstoffen – Häufig gestellte Fragen (DGUV Information 213-085) aktualisiert.