Ganzes Dokument: Mindeststandards
Messung / Ermittlung
GefährdungsbeurteilungDer Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen oder wenn dabei Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden alle hiervon ausgehenden Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten ausführlich zu beurteilen.
Diese
Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Der Arbeitgeber muss sich hierbei beraten lassen, wenn er selbst nicht über die notwendige Fachkunde verfügt.
Fachkundig können insbesondere der betriebsärztliche Dienst und die Fachkraft für Arbeitssicherheit sein.
Es besteht Dokumentationspflicht unabhängig von der Zahl der Beschäftigten. Bei Tätigkeiten mit geringer Gefährdung ist keine detaillierte Dokumentation erforderlich.
Die
TRGS 400 beschreibt detailliert die Vorgehensweise bei der
Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen.
Die Beurteilung von Gefährdungen, die auf toxikologischen Eigenschaften von Stoffen beruhen, und der möglichen Exposition führen zur Festlegung von Schutzmaßnahmen nach §§ 7-10
GefStoffV.
GefahrstoffverzeichnisDer Arbeitgeber hat ein Verzeichnis der im Betrieb verwendeten Gefahrstoffe zu führen, in dem auf die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter verwiesen wird. Das Verzeichnis muss allen betroffenen Beschäftigten zugänglich sein.
Es muss mindestens Angaben zu den gefährlichen Eigenschaften oder die Einstufung, die verwendeten Mengenbereiche sowie die entsprechenden Arbeitsbereiche enthalten.
Expositionsermittlung und -beurteilungFür Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ist das Ausmaß der Exposition sowie die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen zu ermitteln, z. B. an Hand von:
Beurteilungsmethoden zur inhalativen Exposition, insbesondere Erfassung von Tätigkeiten und Festlegung von Arbeitsbereichen sowie Konzentrationsmessungen oder alternative Methoden nach
TRGS 402 (Beurteilung der inhalativen Exposition),
Beurteilung der dermalen Exposition nach
TRGS 401,
Erfahrungen mit vergleichbaren Anlagen und Tätigkeiten,
zuverlässigen Berechnungen von hinreichender Plausibilität sowie
verfahrens- und stoffspezifischen Kriterien gemäß
TRGS 420.
Prüfröhrchen können zu orientierenden Messungen eingesetzt werden. Die qualitative und quantitative Konzentrationsbestimmung wird durch spezielle Probenahme- und Analyseverfahren (
Messverfahren) ermöglicht.
In Laboratorien können die Grenzwerte (
AGW) i.d.R. als eingehalten angesehen werden, wenn in laborüblichen Mengen od. Verfahren nach den Regeln der Technik, insbesondere nach den Laborrichtlinien und der
TRGS 526 gearbeitet wird.
Technische und Organisatorische Schutzmaßnahmen
Lüftung/AbsaugungFür natürliche
Raumlüftung (z.B. Fensterlüftung, Lüftungsschächte) sorgen.
Auftretende Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube direkt an der Entstehungs- oder Austrittsstelle absaugen.
Ist eine vollständige Absaugung nicht möglich, ist eine technische
Raumlüftung (Zu- und Abluft) erforderlich.
LaboratorienIn Laboratorien sind technische Zu- und Abluftanlagen mit einem stündlich etwa 8-fachen Luftwechsel erforderlich:
TRGS 526,
Abschnitt 6.2.5 oder Laborrichtlinien.
Die Luftwechselrate kann aufgrund der
Gefährdungsbeurteilung im Einzelfall erhöht oder erniedrigt werden, ggf. kann sogar eine natürliche Lüftung ausreichen.
Ein während der Arbeitszeit reduzierter Luftwechsel muss deutlich am Eingang mit "Achtung: Reduzierter Luftwechsel" gekennzeichnet sein.
In Laboratorien im Abzug arbeiten (wenn Stoffe in gefährlicher Konzentration/Menge auftreten können zum Schutz vor Splittern oder Spritzen oder gegen explosionsfähige Atmosphäre):
TRGS 526,
Abschnitt 4.11.1.
Innerbetriebliche KennzeichnungAlle Gebinde sind deutlich sichtbar und dauerhaft zu kennzeichnen - auch beim Um- und Abfüllen.
Eine vollständige innerbetriebliche Kennzeichnung enthält: die Identifikation des Stoffes oder Gemisches, Gefahrenpiktogramme, Signalwort und die H- und P-Sätze.
Die
TRGS 201 beschreibt die innerbetriebliche Vorgehensweise zur Einstufung und Kennzeichnung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und gibt auch Hinweise zu Rohrleitungen, unverpackten Stoffen und Gefahrstoffen im Produktionsgang.
In Laboratorien ist mindestens die vereinfachte Kennzeichnung mit eindeutiger Bezeichnung des Stoffes oder Gemisches und des Gefahrenpiktogramms erforderlich, siehe Laborrichtlinien (DGUV Information 213-850) und
TRGS 526.
Ausstattung ArbeitsplatzAm Arbeitsplatz nur die Mengen bereit halten, die für den Fortgang der Arbeit erforderlich sind.
Ist eine Gefährdung der Augen oder der Haut durch Kontakt mit dem Stoff möglich, sind Einrichtungen zum ausgiebigen Spülen mit Wasser, wie z.B. Körpernotduschen und Augennotduschen zu installieren.
Wasch- und Umkleideräume zur Verfügung stellen.
Räume, Anlagen und Geräte regelmäßig reinigen.
Kann eine Alleinarbeit nicht ausreichend abgesichert werden, darf diese nicht durchgeführt werden.
Fluchtwege, Notausgänge, FluchtpläneFluchtwege bzw. Angriffswege zur Brandbekämpfung und Notausgänge einrichten, kennzeichnen und freihalten.
Ein
Flucht-/Rettungsplan ist aufzustellen und bekannt zu machen, wenn Lage, Ausdehnung und Art der Nutzung der Arbeitsstätte dies erfordern.
Unterweisung/BetriebsanweisungDen Beschäftigen sind schriftliche Betriebsanweisungen, die bei maßgeblichen Veränderungen der Arbeitsbedingungen zu aktualisieren sind, sowie alle relevanten Sicherheitsdatenblätter zugänglich zu machen.
Keine Betriebsanweisung ist erforderlich bei geringer Gefährdung wie z.B. dem haushaltsüblichen Gebrauch von Gefahrstoffen (geringe Mengen, geringe Gefahr der Stoffe, geringe Exposition).
Betriebsanweisungen müssen in einer Sprache abgefasst sein, die von den Beschäftigten verstanden wird.
Anhand dieser Betriebsanweisungen sind arbeitsplatzbezogene mündliche Unterweisungen mindestens einmal jährlich über Gefährdungen und Schutzmaßnahmen durchzuführen, zu dokumentieren und von den Unterwiesenen zu unterschreiben.
Schriftliche Anweisungen oder e-Learning können die Unterweisung nur unterstützen, nicht ersetzen.
Brand- und Explosionsschutz
Bei Einhaltung des
AGW wird die untere Explosionsgrenze in der Regel um ein Vielfaches unterschritten, so dass Explosionsschutzmaßnahmen nur im Einzelfall erforderlich werden.
In jedem Fall sind die konkreten Stoffdaten bzw. die konkreten Aussagen im Kapitel "Brand- und Explosionsschutz" des betreffenden Stoffes bzw. der Produktgruppe heranzuziehen.
Feuerlöscheinrichtungen bereitstellen, kennzeichnen und freihalten. Es ist eine ausreichende Anzahl der Mitarbeiter durch Unterweisung und Übung im Umgang damit zur Bekämpfung von Entstehungsbränden vertraut zu machen.
Hygienemaßnahmen
Verunreinigte Kleidung wechseln und reinigen!
Nach Arbeitsende Kleidung wechseln!
Labormäntel und -arbeitskleidung im Labor lassen.
Reinigung der Arbeitskleidung durch den Betrieb!
Bei hautgefährdenden Arbeitsstoffen sind Hautschutzmaßnahmen erforderlich. Ein
Hautschutzplan ist zu erstellen.
Nahrungs- und Genussmittel getrennt von Arbeitsstoffen aufbewahren. Bei der Arbeit weder essen, trinken, rauchen oder schnupfen.
In
Laboratorien darf generell nicht geraucht werden, Kosmetika dürfen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nicht angewandt werden.
Mit Gefahrstoffen verunreinigte Arbeitskleidung darf nicht in sauberen Bereichen wie z.B. Büros, Bibliotheken, Seminarräumen, Teeküchen, Kantinen oder Cafeterien getragen werden.
Persönliche Schutzmaßnahmen
Augenschutz: Wenn mechanische, optische, chemische, thermische, biologische oder elektrische Gefährdungen nicht anders verhindert bzw. ausreichend gemindert werden können, ist Augen- und Gesichtsschutz zu tragen.
Hinweise für die Auswahl und Benutzung siehe
DGUV Regel 112-192.
Handschutz: Bei Handschuhen zum Schutz gegenüber Chemikalien sind die Materialeigenschaften, die die Durchlässigkeit charakterisieren, wie z.B. die
Durchbruchzeit, beim Hersteller zu erfragen und zu berücksichtigen.
Die vom Hersteller angegebene Tragedauer darf nicht überschritten werden.
Längerfristiges Tragen von Chemikalienschutzhandschuhen kann selbst eine
Hautgefährdung (Feuchtarbeit) darstellen. Vermeidung durch Einhaltung von Tragezeiten und/oder Tätigkeitswechsel.
Beim längerfristigen Tragen von Chemikalienschutzhandschuhen sind gegen Schweißbildung spezielle
Hautschutzmittel vor der Arbeit zu empfehlen (s. z.B.
Hautschutzmittel).
Diese können allerdings die Schutzleistung der Handschuhe beeinträchtigen. Der
Hautschutzplan muss das Tragen von Schutzhandschuhen berücksichtigen.
Mit
benutzten Handschuhen dürfen z.B. keine Lichtschalter, Türklinken, Wasserhähne an Waschbecken, Telefonhörer, Eingabetastaturen oder Schreibzeug angefasst werden.
Atemschutz: Das Tragen von Atemschutz darf keine ständige Maßnahme sein.
Besteht die Gefahr, den Stoff/das Produkt einzuatmen, z.B. bei Reparaturarbeiten oder unkontrollierten Betriebszuständen, sind Atemschutzgeräte zu benutzen.
Atemschutzgeräte sind so auszuwählen, dass in der Einatemluft der Grenzwert des Schadstoffes unterschritten bleibt.
Der Schutz durch das Gerät kann auch durch die Angabe des Vielfachen des Grenzwertes charakterisiert werden, bis zu dem das Gerät eingesetzt werden kann; siehe
DGUV Regel 112-190 sowie Benutzerinformation des Herstellers.
Tragezeitbegrenzungen nach
DGUV Regel 112-190 "Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten" beachten.
Tragezeitbegrenzungen sowie arbeitsmedizinische Vorsorge sind nicht vorgesehen:
Bei Benutzung von Atemanschlüssen ohne Atemwiderstand und einem Gerätegewicht von max. 3 kg (z.B. Gebläsefiltergeräte mit Atemschutzhauben, leichte Druckluft-Schlauchgeräte mit Atemschutzhauben).
Filtergeräte nur bei mindestens 17 Vol.-% Sauerstoff in der Umgebungsatmosphäre einsetzen. In speziellen Bereichen und bei CO-Filtern sind mindestens 19 Vol.-% Sauerstoff erforderlich.
Der Arbeitgeber muss ein einwandfreies Funktionieren der Atemschutzgeräte und gute hygienische Bedingungen gewährleisten, z.B. durch regelmäßige Prüfung und Wartung.
Körperschutz: Im Labor Schutzkittel mit einem Baumwollanteil von mind. 35 % tragen. Wenn mit brennbaren Stoffen umgegangen wird, muss der Kittel schwer entflammbar oder ausreichend flammhemmend ausgerüstet sein.
Unter der Arbeitskleidung oder dem Laborkittel sollten beim Umgang mit brennbaren Stoffen keine schmelzenden Textilien getragen werden.
Beim Umgang mit größeren Mengen Schutzschürze oder Schutzkleidung beispielsweise aus PVC-beschichtetem Gewebe tragen.
Schadensfall
Gefahrenbereich räumen und absperren, Vorgesetzten informieren.
Alarm-, Flucht- und Rettungspläne beachten. Im Brandfall Feuerwehr alarmieren ("Wer, Wo, Was").
Erste Hilfe
Lebensrettende Sofortmaßnahmen, wie "Stabile Seitenlage", "Herz-Lungen-Wiederbelebung", "Schockbekämpfung" müssen situationsabhängig durchgeführt werden.
Verunreinigte Kleidung ausziehen, Haut mit viel Wasser, gegebenenfalls mit PEG 400 spülen.
Wunden keimfrei bedecken.
Für Körperruhe sorgen, vor Wärmeverlust schützen.
Auf Selbstschutz achten, ärztliche Behandlung.
Mittel, die nur für die ärztliche Versorgung bereitgehalten werden, sind gesondert unter Verschluss aufzubewahren.
Nach Hautkontakt: Inkorporationen z.B. nach Stichverletzungen beachten.
Entsorgung
Abfälle nicht vermischen. Zur ordnungsgemäßen Verwertung oder Beseitigung in beständigen, sicher verschließbaren, eindeutig und sichtbar gekennzeichneten Gefäßen getrennt sammeln.
Kleine Mengen regelmäßig in zugelassene Transportbehältnisse umfüllen.
Sammelgefäße und -behältnisse vor dem Zugriff durch Unbefugte sichern.
Transportverpackungen nach Möglichkeit an den Lieferanten zurückgeben (Mehrwegsysteme).
Saubere
Verpackungen sind zur Verwertung abzugeben.
Lagerung
Nicht im Pausen- oder Aufenthaltsraum lagern.
Verpackungen und Behälter übersichtlich geordnet lagern.
Laborabzüge sind grundsätzlich nicht zur Lagerung von Gefahrstoffen vorgesehen.
Nur im Originalgebinde oder in vom Hersteller empfohlenen Gebinden lagern.
Alle Gebinde sind deutlich sichtbar und dauerhaft zu kennzeichnen, weitere Hinweise: siehe Mindeststandards Technische und Organisatorische Schutzmaßnahmen.
Mindestanforderungen des Wasserrechts an HBV- und LAU-Anlagen:
Anlagen, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird (
HBV-Anlagen) oder in denen diese gelagert werden (
LAU-Anlagen), müssen dicht, standfähig und thermisch und chemisch beständig sein.
Das Befüllen und Entleeren ist zu überwachen, der ordnungsgemäße Zustand vorhandener Sicherheitseinrichtungen muss vorher geprüft werden.
Undichtigkeiten aller Anlagenteile, die mit wassergefährdenden Stoffen in Berührung stehen, müssen schnell und zuverlässig erkennbar sein. Einwandige unterirdische Behälter sind unzulässig.
Austretende wassergefährdende Stoffe müssen schnell und zuverlässig erkannt, zurückgehalten sowie ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder beseitigt werden.
Auffangräume dürfen grundsätzlich keine Abläufe haben.