Formiergas, unter 95 % Stickstoff, über 5 % Wasserstoff
Ganzes Dokument: Datenblatt
Formiergas, unter 95 % Stickstoff, über 5 % Wasserstoff
Einstufung GHS
Gefahr
Extrem entzündbares Gas. (H220)
Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung explodieren. (H280)
Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen und anderen Zündquellenarten fernhalten. Nicht rauchen. (P210)
Brand von ausströmendem Gas: Nicht löschen, bis Undichtigkeit gefahrlos beseitigt werden kann. (P377)
Bei Undichtigkeit alle Zündquellen entfernen. (P381)
An einem gut belüfteten Ort aufbewahren. (P403)
GHS-EinstufungEntzündbare Gase (Kapitel 2.2) - Kategorie 1 (Flam. Gas 1), H220
Gase unter Druck (Kapitel 2.5) - verdichtetes Gas (Compr. Gas), H280
Die GHS-Einstufung und Kennzeichnung beruht auf Hersteller- und Literaturangaben.
Charakterisierung, Grenzwerte, Einstufungen
Formiergas mit einem Wasserstoffanteil über 5 % wird auch als brennbares Formiergas oder Wurzelschutzgas bezeichnet.
Der Begriff "Formiergas" bezeichnet im eigentlichen Sinn ausschließlich Stickstoff/Wasserstoff-Gemische, aber oft wir "Wurzelschutzgas", eigentlich ein Stickstoff/Argon-Gemisch, synonym verwendet.
Formiergas ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gasgemisch aus Stickstoff und Wasserstoff, das leichter als Luft ist und sich nur wenig in Wasser löst.
Verwendet wird es beim Schweißen zum Umspülen (Formieren) der Schweißnahtwurzel und der hocherhitzten Nahtrandbereiche bei gleichzeitiger Verdrängung sauerstoffhaltiger Atmosphäre.
Ziel ist es, hierdurch einen hochwertigen Oberflächenzustand zu erzeugen oder zu erhalten. Die Schweißung von gasempfindlichen Werkstoffen, wie z.B. Titan, Zirkon, Molybdän oder Magnesium ist ohne Formierung sogar gar nicht möglich.
Für Formiergas mit einer Wasserstoffkonzentration bis zu 5 % ist in GisChem aufgrund des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials ein gesondertes Datenblatt enthalten.
Die produktspezifischen Kenndaten im Einzelnen sind den Sicherheitsdatenblättern der Hersteller zu entnehmen.
Die Charakterisierung wurde Herstellerinformationen entnommen.
WGK: nicht wassergefährdend
Bei der WGK handelt es sich um eine Selbsteinstufung.
Explosionsgefahren / Gefährliche Reaktionen
Formiergas ist leichter als Luft und bildet mit Luft eine explosionsfähige Atmosphäre.
Bei Vorhandensein von
Zündquellen, z.B. heiße Oberflächen, offene Flammen, mechanisch erzeugte Funken, elektrische Geräte, elektrostatische Aufladungen und Blitzschlag, ist mit erhöhter Explosionsgefahr zu rechnen.
Reagiert mit starken
Oxidationsmitteln unter heftiger Wärmeentwicklung.
Kann mit brandfördernden Stoffen heftig reagieren.
Technische und Organisatorische Schutzmaßnahmen
Druckgeräte (Druckgasflaschen, Druckgasbündel, Kartuschen) sind ortsbewegliche Druckbehälter, stationäre Druckbehälter zum Lagern von Gasen werden als
Lagerbehälter bezeichnet.
Das Aufstellen und Lagern von Lagerbehältern sowie das Betreiben von Druckgasflaschen ist zum Teil unterschiedlich geregelt, so dass bei der Umsetzung der folgenden Hinweise auf die jeweilige Bezeichnung zu achten ist.
Räume sind so zu lüften (siehe Mindeststandards), dass kein Sauerstoffmangel oder gefährliche Gaskonzentrationen entstehen können.
Gebinde nicht offen stehen lassen.
Reaktionsfähige Stoffe fern halten bzw. nur kontrolliert zugeben.
Die Gasentnahme muss über einen Druckminderer erfolgen.
Bei Befüll- und Entleervorgängen Gasaustritt vermeiden, z.B. durch Gaspendelung und Einsatz absperrbarer flexibler Leitungen.
Verschlüsse von Lagerbehältern erst öffnen, wenn der Druckausgleich mit der Atmosphäre hergestellt ist. Verschlüsse nicht mit Gewalt öffnen.
Wird die Gasentnahme aus Druckgasbehältern (Flaschen) länger unterbrochen oder die Flasche transportiert, Flaschenventil schließen und mit Ventilschutzkappe versehen.
Druckgasbehälter (Flaschen) nur auf z.B. Rollreifen, Flaschenfuß oder Konkavböden rollen - nicht werfen! Zum Transport stets einen Flaschenwagen benutzen.
Druckgasbehälter (Flaschen) gegen Umfallen oder Herabfallen sichern. Druckgasflaschen aufrecht stehend lagern, gegen Umfallen oder Herabfallen sichern (z.B. mit einer Kette), nicht in Fluchtwegen, an Türen oder in Durchgängen abstellen.
Druckgasbehälter (Flaschen) und Lagerbehälter vor mechanischer Beschädigung schützen, z.B. durch Anfahrschutz, Abschrankung,
Schutzabstand.
Eine technische Beheizung von Druckgasbehältern (Flaschen) ist nur bis 50 °C zulässig. Die Temperatur des Wärmeträgers (möglichst Wasser oder Heißluft, keinesfalls mit offener Flamme!) ist zu überwachen.
Gesundheitsgefährdung
Einatmen kann zu Gesundheitsschäden führen.
Vorübergehende Beschwerden wie Atembeschwerden, Schwindel und Benommenheit können auftreten.
Bei höheren Konzentrationen besteht Erstickungsgefahr.
Brand- und Explosionsschutz
Es ist sicherzustellen, dass die Anlage
technisch dicht ist. Kann dies nicht dauerhaft gewährleistet werden, sind weitere Maßnahmen erforderlich, z.B. technische Lüftung, Gasmess- und -warngeräte.
Störungs- und Alarmsignale müssen automatisch weitergeleitet und Notfunktionen ausgelöst werden.
Ggf. Anlagenkomponenten inertisieren.
Explosionsgefährdete Bereiche in
Zonen einteilen und im
Explosionsschutzdokument ausweisen.
Bei Lagerbehältern im Freien Schutz gegen mögliche Brandlasten, z.B. durch
Schutzabstand, Schutzwand, Erddeckung, Brandschutzdämmung oder -isolierung, Wasserberieselung oder Wasserbeflutung sicherstellen.
Bei weitergehenden Fragen berät Sie Ihre zuständige
Aufsichtsperson (AP, früher TAB) Ihrer Berufsgenossenschaft.
Bei Formierung komplexer Bauteile sind Maßnahmen zu treffen, die ein unkontrolliertes Eindringen von Luft sowie ein Verbleiben von Luftpolstern und damit die Gefahr der Entstehung von zündfähigen Gasgemischen verhindert.
Ab 10 Vol.-% Wasserstoffanteil muss abgefackelt werden, um eine Verpuffung zu vermeiden.
Ein Abfackeln kann nach einer entsprechenden Spülzeit durch eine externe Flamme oder, je nach Wasserstoffgehalt, durch das Zünden am Formiergasaustritt erfolgen.
Hygienemaßnahmen
Einatmen von Gasen oder Aerosol vermeiden.
Persönliche Schutzmaßnahmen
Handschutz: Gegen Erfrierungen durch sich schnell entspannendes Gas Lederhandschuhe verwenden.
Bei Transport gegen mechanische Beanspruchung z.B. beschichtete Handschuhe, ansonsten Handschutz auf andere Gefahrstoffe, mit denen gegebenenfalls umgegangen wird, abstimmen.
Bei empfindlicher Haut kann Hautschutz empfehlenswert sein, z.B. gerbstoffhaltige Hautschutzmittel.
Fußschutz: Bei der Handhabung von mobilen Druckgeräten wie z.B. Druckgasflaschen Schutzschuhe mit integrierter Stahlkappe tragen.
Atemschutz: Bei zu geringer Sauerstoffkonzentration (unter 19 Vol-%) aufgrund der Verdrängung durch die Inertgase in der Luft (Überwachungsgeräte mit EX-Schutz benutzen!) oder bei unklaren Verhältnissen: Umgebungsluftunabhängiges Atemschutzgerät.
Filtergeräte sind unwirksam, Erstickungsgefahr durch Sauerstoffmangel.
Es wird empfohlen, Schlauch- oder Leichtschlauchgeräte zu verwenden. Hierfür bestehen keine Tragezeitbegrenzungen.
Körperschutz: Arbeitskleidung oder Schutzkleidung in explosionsgefährdeten Bereichen der
Zonen 0, 1, 20 sowie in
Zone 21 nicht wechseln, nicht aus- und nicht anziehen.
Ableitfähige Schuhe zur Verfügung stellen.
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Da für das Produkt zurzeit kein direkt passendes arbeitsmedizinisches Vorsorgeprogramm verfügbar ist, wird empfohlen, bei einer Untersuchung im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge die folgenden DGUV Empfehlungen in Anlehnung heranzuziehen:
Allgemeine arbeitsmedizinische Vorsorge
Falls aufgrund der
Gefährdungsbeurteilung das Tragen von Atemschutz notwendig ist, ist arbeitsmedizinische Vorsorge ggf. nach der DGUV Empfehlung Atemschutzgeräte durchzuführen.
Beschäftigungsbeschränkungen
Jugendliche ab 15 Jahren dürfen hiermit nur beschäftigt werden:
wenn dieses zum Erreichen des Ausbildungszieles erforderlich und die Aufsicht durch einen Fachkundigen sowie betriebsärztliche oder sicherheitstechnische Betreuung gewährleistet ist.
Schadensfall
Bei störungsbedingtem Gasaustritt - wenn gefahrlos möglich - Gaszufuhr absperren oder Leck schließen.
Undichte Druckgasbehälter (Flaschen) mit einem Bergungsbehälter ins Freie bringen und Inhalt vorsichtig abblasen oder unter Absaugung stellen. Ist das nicht möglich, Gefahrenbereich räumen und ggf. Feuerwehr und/oder Füllwerk informieren.
Bei der Schadensbeseitigung immer persönliche Schutzausrüstung tragen: umgebungsluftunabhängiges Atemschutzgerät.
Raum anschließend lüften.
Bei Brand in der Umgebung unter Beachtung des Selbstschutzes gefüllte Druckgasbehälter aus dem Gefahrenbereich bringen. Ist das nicht möglich, mit Wasser aus geschützter Stellung besprühen.
Bei Brand in der Umgebung Behälter mit Sprühwasser kühlen.
Berst- und Explosionsgefahr durch Druckanstieg in Behältern bei Erwärmung.
Feuerwehr über das Vorhandensein und die Standorte von Druckgasbehältern (Flaschen) oder Lagerbehältern informieren.
Brandbekämpfung größerer Brände nur mit umgebungsluftunabhängigem Atemschutzgerät und geeigneter Schutzausrüstung!
Erste Hilfe
Nach Einatmen: Verletzten unter Selbstschutz aus dem Gefahrenbereich bringen.
Bei Atemnot Sauerstoff inhalieren lassen.
Bei Atemstillstand künstliche Beatmung nach Möglichkeit mit Beatmungsgerät, auf jeden Fall Stoffkontakt bzw. Einatmen des Stoffes/Produktes vermeiden (Selbstschutz).
Ärztliche Behandlung.
Entsorgung
Druckgasbehälter (Flaschen) nicht bis zum völligen Druckausgleich entleeren. Restgasmengen nicht in die Atmosphäre abblasen.
Leere Druckgasflaschen kennzeichnen und an den Lieferanten zurückgeben. Defekte Druckgasflaschen kennzeichnen und Lieferanten informieren.
Lagerung
Behälter dicht geschlossen an einem gut gelüfteten Ort lagern.
Lagertemperatur: weniger als 50 °C.
Druckgasbehälter (Flaschen) bzw. Lagerbehälter dicht geschlossen an einem gut gelüfteten Ort lagern.
Flaschen gegen Umfallen sichern, nur mit Ventilschutz lagern.
In Arbeitsräumen darf maximal eine Gasflasche gelagert werden, wenn diese ein Nennvolumen von maximal 50 kg aufweist (akut toxische Gasen der Kategorie 1, 2 oder 3: nur bis 0,5 l oder 1 kg Nennvolumen).
Eine Lagerung in Sicherheitsschränken nach EN 14470-2 ist ebenfalls zulässig.
Der Sicherheitsschrank muss an eine technische Lüftung angeschlossen sein, die einen 10-fachen Luftwechsel gewährleistet.
Anforderungen an Lagerräume mit ortsbeweglichen Druckgasbehältern:Feuerhemmende (
F 30) Abtrennung von angrenzenden Räumen, feuerbeständige (
F 90) Abtrennung von Räumen, in denen Brand- oder Explosionsgefahr besteht und die nicht dem Lagern von Gasen dienen.
Die Außenwände von Lagerräumen müssen mindestens feuerhemmend (
F 30) sein, es sei denn, der Sicherheitsabstand zu anderen Anlagen und Einrichtungen beträgt mindestens 5 m und die Wände sind aus nichtbrennbarem Material.
Fußbodenbeläge müssen mindestens schwer entflammbar, die Dacheindeckung ausreichend widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme sein.
Wände, die unmittelbar an öffentliche Verkehrswege angrenzen, dürfen bis zu einer Höhe von 2 m keine Fenster haben. Türen müssen selbstschließend sein und mindestens feuerhemmend (T90) ausgestattet sein.
Der Lagerraum muss schnell verlassen werden können.
Im Gaslager dürfen sich keine Gruben, Kanäle, offene Abflüsse oder Wand- oder Deckenöffnungen befinden.
In Räumen unter Erdgleiche dürfen maximal 50 gefüllte Druckgasbehälter gelagert werden, sofern eine ausreichende Lüftung (z.B. 2-fach technisch) vorhanden ist.
Für Räume, in denen mehr als 25 gefüllte Druckgasflaschen oder 5 Druckgasfässer entzündbarer Gase oder 5 gefüllte Druckgasflaschen oder 1 Druckgasfass akut toxischer Gase (Kategorie 1 oder 2) gelagert sind, gilt:
Sie dürfen nicht unter oder über Räumen liegen, die dem dauernden Aufenthalt von Personen dienen.
Bei der Lagerung von Druckgasbehältern (Flaschen) im Freien zu benachbarten Anlagen und Einrichtungen, von denen eine Gefährdung ausgehen kann, Sicherheitsabstand von mindestens 5 m einhalten.
Dieser kann durch eine mindestens 2 m hohe Schutzwand aus nicht brennbaren Baustoffen ersetzt werden.
Das Umfüllen von Druckgasen und die Instandhaltung von Druckgasbehältern (Flaschen) in Lägern ist nicht zulässig.
Zusätzliche Anforderungen an Räume mit ortsfesten Lagerbehältern: Selbstschließende Türen (falls diese nicht unmittelbar ins Freie führen), Bauteile müssen schwer entflammbar oder nicht brennbar sein (ausgenommen Fenster),
feuerhemmende (
F 30) Abtrennung von angrenzenden Räumen, von Räumen mit Brandlasten feuerbeständige (
F 90) Abtrennung, von Räumen zum dauernden Aufenthalt von Menschen außerdem gasdichte und öffnungslose Abtrennung.
Lagerbehälter mit Beheizung müssen zusätzlich zum Sicherheitsventil mit einem für den Betriebszweck geeigneten Druck- oder Temperaturbegrenzer ausgerüstet sein.
Die Dichtheit von Anschlüssen/Flanschen an Lagerbehältern ist regelmäßig zu überwachen (
Dichtheitsüberwachung).
Zusammenlagerungsbeschränkungen (nach Lagerklassen der
TRGS 510; die Zahlen in Klammern geben die jeweiligen Lagerklassen an):
Dieser Stoff/dieses Produkt gehört zur Lagerklasse 2A.
Die Zusammenlagerung von Gasen ist ohne Einschränkung nur mit unbrennbaren Stoffen der Lagerklassen 8B, 12 und 13 erlaubt.
Druckgasbehälter, die mit verschiedenen Gasen gefüllt sind, dürfen nur unter bestimmten Bedingungen gemeinsam in einem Lagerraum gelagert werden (siehe
Zusammenlagerung-Gase).
Die Zusammenlagerung von Gasen mit brennbaren ätzenden Stoffen (8A), Aerosolen (2B) und brennbaren Feststoffen (11) ist unter folgenden Bedingungen erlaubt:
es werden maximal 25 Gasflaschen gelagert und diese sind durch eine mindestens 2 m hohe Wand aus nichtbrennbaren Baustoffen abgetrennt und zwischen der Wand und anderen brennbaren Lagergütern wird ein Mindestabstand von 5 m eingehalten.
In Lägern, in denen mehr als 50 kg dieser Gase gelagert werden, muss ein
Alarmplan erstellt werden und stoffspezifische Informationen bereitgehalten werden (s.
Checkliste Betriebsstörungen Lager).
Beschäftigte im Lager müssen regelmäßig üben, wie sie sich beim Freiwerden der im Lager befindlichen Stoffe, bei einem Brand oder einem sonstigen Notfall in Sicherheit bringen können.
Die zeitlichen Abstände der Notfallübungen sind in der
Gefährdungsbeurteilung festzulegen.
In Lägern, in denen mehr als 200 kg an brennbaren Gefahrstoffen gelagert werden, müssen zusätzliche Maßnahmen zum Brandschutz getroffen werden.
Es ist ein Schutzbereich um jeden Druckgasbehälter einzurichten, der in jede Richtung 2 m beträgt.
Im Freien können die Abmessungen der Schutzbereiche halbiert werden; in Lagerräumen mit einer Grundfläche bis 20 m² ist der gesamte Raum als Schutzbereich vorzusehen.
In diesem Schutzbereich sind Explosionsschutzmaßnahmen zu ergreifen (s. Kapitel Brand- und Explosionsschutz).